Petit Train Patate (auf deutsch) – Petit Train Patate

Verweis : Luc Dupanloup, genannt "Dupa", (1945 - 2000) war ein Drehbuchautor und Zeichner von belgischen Comics.

DIE KLEINE EISENBAHN "PATATE(Kartoffelzug)"
Landerneau bis Plounéour-Gare/Brignogan-Plages


Im Westen Frankreichs, in der Bretagne, kam die Eisenbahn 1851 in Nantes an, um 1857 in Rennes, in Quimper 1863 und in Landerneau und Brest 1865. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann das, was gleichsam als Synonym für Fortschritt, Modernität, Mobilität steht: der Siegeszug der Eisenbahn als überragender Faktor für gesellschaftliche Entwicklung.

Und das war auch der Siegeszug der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Eisenbahn war eine Frage der privaten Investition mit großer Gewinnerwartung; der Staat spielt zwar eine gewisse Rolle als Ordnungsmacht, überlässt aber den Kapitalgesellschaften die Initiative für Planung, Durchführung und Betrieb. Erst im nächsten Jahrhundert sollte es 1937/38 zur Gründung der staatlichen Gesellschaft SNCF kommen (mit der „Front Populaire“ am Ende der Dritten Republik).

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Natürlich hatten die strategischen Hauptstrecken des Landes eine andere Bedeutung als die Nebenstrecken der Departements. Das Prinzip der privaten Investition galt aber auch hier; dazu kam aber die große Konkurrenz des lokalen Establishments untereinander. Da wurden zum Teil ganz schlicht im Streckenbau irgendwelche privaten Eitelkeiten befriedigt, wie wir das übrigens Ende des 20. Jahrhunderts in Frankreich mit den sich auf einsamer Strecke befindenden TGV-Bahnhöfen, die zu Ehren lokaler Politikgrößen dort entstanden – ohne Sinn und Verstand, ja eigentlich auch kennen.

Was festzuhalten wäre, ist zum Beispiel der politische Gestaltungswille Ende des 19. Jahrhunderts, der sich zum Beispiel in der Dritten Republik (nach Sturz Napoleon III 1870 und bis zum Jahr 1940) unter dem Präsidenten Jules GRÉVY (1807 – 1891) und dem erst als Transport-Minister tätigem und späterem Premierminister Charles de FREYCINET (1828 – 1923) als „PLAN FREYCINET“ 1878 als allgemeiner Infrastruktur- und Verkehrsplan darstellt, aber mit Schwerpunktbildung auf „EISENBAHN“.

So kommt es für das zu betrachtende Beispiel der Departementalbahn zwischen Landerneau und Plounéour-Trez nach Planfeststellungsverfahren 1891 (D.U.P.: declaration d’utilité publique) 1894 zur Eröffnung der zunächst 27 km langen Strecke, die dann 1901 um die 2 Kilometer bis nach Brignogan-Plages verlängert wurde. Zunächst war der große Markt in Lesneven sicherlich entscheidend, der zum ersten Mal mit Massengütern und Personenverkehr auf halber Strecke erreicht werden konnte.
Später kam der beginnende Bädertourismus hinzu, der es nötig machte, ein sich entwickelndes Bad (station balnéaire) wie Brignogan-Plages zu unterstützen.

Aber schon nach ca. 30 Jahren hatte sich die Sache ziemlich erledigt; diese Departementalbahn spielte um 1930 keine Rolle mehr. Sie war zu langsam, zu teuer, zu unbequem; die Autobus-Verbindung hatte ihr den Rang abgelaufen, und Massengüter wurden inzwischen mit dem Lkw befördert. Der Krieg der deutschen Besatzungsmacht (1940/45) schuf zwar eine zwischenzeitliche neue Nutzung (Materialtransport für den Bunkerbau …); aber 1946 war definitiv Schluss mit der Linie Landerneau nach Brignogan-Plages, dem kleinen Kartoffel-Zug (Petit Train PATATES: jeder dieser kleinen Departementals hatte gemäß seiner maßgeblichen Güterbeförderung seinen entsprechenden Spitz-Namen).

Viele der kleinen Departementalstrecken teilen dieses Schicksal des sekundären Eisenbahnnetzes in Frankreich. Im Prinzip hatten sie von Anfang an technische Probleme, die mit z.B. der Spurweite zusammenhingen, die nie mehr als 1 Meter, vielfach sogar nur 50 oder 60 cm, betrug. Damit war nicht mehr als ca. 20 km pro Stunde zu machen, eher weniger.
Es ist auch klar, dass die Infrastruktur meist nicht ausreichend gestaltet wurde, weil sie sonst zu teuer gekommen wäre. Da, wo die geographischen Gegebenheiten auch noch gewisse Ansprüche gestellt hätten, war dieses natürlich doppelt problematisch. Was zunächst vielleicht als Unterversorgung mit Kapital begann, verstärkte sich durch die ausbleibende Kapitalrendite; das Projekt der kleinen Departementalbahnen löste sich vielfach einfach auf.

Die Konkurrenz des Individualverkehrs war groß und mächtig. Nicht zu vergessen die beiden Weltkriege der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und so blieb heute vielfach nur eine als Feld- oder Wanderweg zu erkennende Trasse übrig, auf der die kleinen Züge einstmals fuhren. Es bleibt aber auch die Frage, ob es nur bloße Nostalgie wäre, das Schicksal diesen kleinen Bahnen zu betrauern. Ob beispielsweise die dominante Rolle des Individualverkehrs so besonders vorteilhaft für die gesellschaftliche Entwicklung gewesen ist, ob und was die Konzentration auf fossile Brennstoffe mit all ihren Folgen (und vieles andere mehr) der Menschheit gebracht hat.

Eigentlich ist Eisenbahn ein gewisses demokratisches Prinzip für die Art der Beförderung, für die allgemeine Mobilität – trotz der eventuell vorhandenen Beförderungsklassen!
Man schaue auf das Beispiel der Straßenbahnen, die in vielen Städten gleich zu Beginn der Eisenbahnzeit entstanden sind, bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts aber überall fast verschwunden sind, um dann aber mit Macht ihre Auferstehung zu feiern. Straßenbahnen sind heute vielfach ein einfaches Rezept gegen den Kollaps des Individualverkehrs.

In Nantes gab es 1879 schon eine erste Straßenbahn, und in Frankreich war es auch, wo mit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Renaissance der Straßenbahn aufkam; 1985 nahm in Nantes erneut eine Straßenbahn ihren Dienst auf, nachdem sie zwischenzeitlich verschwunden war. Übrigens auch auf politische Initiativen hin, so regte 1975 das französische Verkehrsministerium alle großen französischen Städte an, ein Straßenbahnverkehrskonzept zu entwickeln. Charles de FREYCINET lässt grüßen (vielleicht auch die „Erdölkrisen“ der damaligen Zeit!).

Der letzte Abschnitt zwischen Plounéour-Gare und Brignogan-Plages hat heutzutage keinerlei Spuren hinterlassen. Der Bahnhof in Brignogan ist verschwunden; die Trasse als solche ist zwar zu erahnen, hat aber keinerlei Hinweise wie begehbare Feldwege oder ähnliches zurückgelassen. Man muss sie sich parallel der heutigen D770 vorstellen.

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Sucht man auf heutigen Karten nach Spuren, die eine Nutzung als damalige Eisenbahntrasse erkennen lassen, ist es nötig, die Karten Ende 1940/ Anfang 1950 mit denen von heute zu vergleichen. Mit dem alten Kartenmaterial kann man ziemlich präzise den Verlauf der alten Trasse identifizieren. Sie folgt den heutigen kommunalen und Departement-Straßen, den städtischen Straßen, den Feldwegen und Wanderwegen und auch sonstigen Pfaden. Manchmal verschwand leider jede Spur.

Hier findet man es : Bretagne von 1950 verglichen mit heute (Link)

Was jetzt die Abschnitte zwischen Plounéour und Landerneau betrifft :
Klicken Sie auf die Foto-Markierungen der Karten ( von 1 bis 28; die Fotos auf den Karten sind stets aufs Neue nummeriert ). Nähert man sich mit der Maus einer Markierung, Markierung findet man Kurzinformationen, die es erlauben, sich zu orientieren. Klickt man die Markierung, wird das jeweilige Foto dargestellt (man könnte auch die Seiten-Darstellung im Browser auf über 100% vergrößern - je nach Komfort, wie man will).


Die Karten : © OpenStreetMap CONTRIBUTERS

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Teilstück Plouneour-Gare Richtung Goulven: zunächst geht's abwärts bis zum Rand des Greve de Goulven; dieser Abschnitt ist sowohl mit dem Fahrrad wie auch zu Fuss zu bewältigen. Die ehemalige Piste ist gut auszumachen und gibt sich heute als Feldweg. Unterwegs erinnert aber fast nichts an ihre frühere Funktion. Vielleicht sind stark befestigte Abwasserkanäle, die man auf der Strecke findet, ein Indiz für die frühere Nutzung als Bahntrasse, die immerhin ein gewisses Gewicht zu tragen hatte.

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Nächstes Teilstück Richtung Goulven an den Rand des Greve; ebenfalls gut begeh- und befahrbar; die im Bereich des Greve befestigte und damit geschützte Böschung weist auf ihre frühere Nutzung als Bahntrasse hin.

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Am Rande des Greve de Goulven ist nicht mehr viel zu sehen von der Trasse; auch Gare Goulven gibt es nicht mehr; halbwegs aber via Feldwege weiterhin mit dem Fahrrad wie auch per Pedes zu bewältigen.

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Teilstück Gare Goulven Richtung Plouider; vom Greve kommend, folgt man zunächst direkt der D125; weiterhin gut mit Fahrrad oder per Pedes zu folgen; da, wo die D129 von der D125 nach Osten abbiegt, setzt die Trasse erst zum Bogen nach rechts, dann nach links an, um den Berg hinauf nach Plouider in Angriff zu nehmen.

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Teilstück Goulven - Plouider; die damalige Passage über die heutige D125 ist zwar vorstellbar, aber nicht mehr genau identifizierbar; trotzdem ist auch dieser Abschnitt sowohl mit dem Fahrrad wie auch per Pedes zu bewältigen.

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Weiteres Teilstück Goulven - Plouider; der aktuelle Feldweg oberhalb von Le Carpont dürfte ziemlich identisch mit der alten Piste sein. Dieser Abschnitt ist gut für Fahrrad und auch zu Fuß.

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Durchfahrt von Plouider; die gesuchte Piste folgt heutigen Straßen, bis auf das Ende dieses Abschnittes; da geht es heute nicht mehr weiter …

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Von Plouider in Richtung der D125; zum Teil gibt es die Trasse nicht mehr; aber von Plouider kommend wird auf der Höhe der Kläranlage von Plouider auf die D125 eingeschwenkt; soweit möglich sowohl mit dem Fahrrad wie auch per Pedes zu bewältigen.

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Die gesuchte Trasse ist großenteils identisch mit der D125; auf der Höhe von der Moulin de Lancelin wird die Straße Richtung Lesneven über Feldwege verlassen; weiterhin als Straße und als Feldweg zu benutzen.

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Abseits der D125 auf dem Weg nach Lesneven; zum Teil noch als Feldweg sichtbar und befahrbar, zum Teil aber auch nicht mehr, also nur noch eingeschränkt zu verfolgen.

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Einfahrt in Lesneven und dessen Durchquerung; heutige Straßen folgen großenteils der alten Trasse, wobei die Straßenführung heute leicht modifiziert wurde.

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Durchfahrt Lesneven; heutige Straßen folgen großenteils der alten Bahntrasse.

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Lesneven wird verlassen und weiter geht es Richtung Ploudaniel; ab der D32 ist der Trasse nur noch virtuell zu folgen.

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Auf der Strecke zwischen Lesneven und Ploudaniel; der damaligen Trasse ist nur virtuell zu folgen; heutige Straßen und Wege verlaufen anders.

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Auf der Trasse Richtung Süden in Ploudaniel, wo der ehemalige Bahnhof verschwunden ist; ab Ploudaniel ist sie wieder gut begeh- und befahrbar.

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Vom verschwundenen Bahnhof von Ploudaniel auf der Strecke weiter Richtung Trémaouézan. Sehr gut sowohl zu Fuß begehbar wie auch mit Fahrrad zu befahren - wie die Photos zeigen.

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Auf der Höhe von Croaz ar Chapel der alten Piste Richtung Süd-Ost folgend, die zu großen Teilen weiter gut passierbar ist.

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Die alte Trasse überquert die C11 in südlicher Richtung. Inzwischen schlecht wiederzuerkennen und auch nicht passierbar.

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In der Region von Langazel, zwischen Ploudaniel und Trémaouézan, befindet sich die alte Trasse heute in einem Naturschutzgebiet mit allen seinen Einschränkungen; heißt hier: Einschränkung der Befahrbarkeit!

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Auf der Höhe von Trémaouézan / Langazel betritt man die Region von Langazel mit ihren umfangreichen Naturreservaten, wo - wenn überhaupt - die Passage nur zu Fuß erlaubt ist.

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Auf der Trasse Richtung des ehemaligen Bahnhofs von Trémaouézan / Plouedern. Heutzutage nur noch als Ruine sichtbar.

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Nach Trémaouézan verläuft die Piste weiter nach Süden; manchmal passierbar, manchmal nicht mehr erkennbar, da der heutige Strassen- und Wegeverlauf anders gestaltet ist.

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Weiter nach Süden wird die RN12 gequert, eine Hauptsverkehrsstrecke unserer Tage, und die damals noch gar nicht existierte, ebenso das Gewerbegebiet von Keriel-Süd. Die ehemalige Trasse existiert nicht mehr und kann somit nur virtuell verfolgt werden.

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Auf der virtuellen Strecke nach dem Gewerbegebiet von Keriel-Süd und im Norden von Landerneau. Man muß die Phantasie spielen lassen, um sich die alte Piste vorstellen zu können.

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Heute ist es hier schwer möglich, der damaligen Trasse zu folgen. Der ehemalige Verlauf ist nicht mehr erkennbar.

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Auf der Höhe von Beauregard im Norden von Landerneau; es ist schwierig, die alte Trasse zu identifizieren, weil das Gelände heute sehr unübersichtlich ist. Irgendwo verlief die Trasse Richtung Norden.

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Von Norden kommend die Einfahrt in Landerneau; zunächst rechts der heutigen D29 bleibend, dann auf den heutigen Boulevard Victor Hugo (D29) einschwenkend, auf dem es dann durch die Stadt geht. Blickt man stadtauswärts - wie auf den Photo - findet man (auf dem Bild) links der Straße eine Torausfahrt, die die Stelle darstellt, an der auf die heutige Straßentrasse des Boulevard eingebogen wurde.

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Der Verlauf innerhalb von Landerneau; im Wesentlichen dem Boulevard Victor Hugo folgend; am Rond-Point, vor der Eisenbahnüberquerung, inzwischen wahrscheinlich geänderte Verkehrsführung; heute nicht mehr zu sehen; aber der Verlauf wäre : Richtung heutige Rue Kennedy und herunter zu der Hauptstrecke Brest-Rennes-Paris abbiegend, um parallel links zur Hauptstrecke Richtung Gare zu führen. Der Zug fand in Landerneau seinen Halt etwas südlich des heutigen Bahnhofs.

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